Alles hat ein Ende…….

Nun ist sie also vorbei unsere Zeit als Reeder. Schweren Herzens haben wir uns nach 12 Jahren und einigen schlaflosen Nächten von der MS Sydney getrennt.

Kauf Sydney - 16.10.2004Noch heute können wir uns an die erste Besichtigung im Hafen Hörnle in Grenzach-Wyhlen erinnern. Bei nebligem kalten Wetter sind wir am 16.10.2004 in den Hafen gefahren und konnten unter kundiger Führung von Roger, dem damaligen Besitzer, das Schiff erkunden. Auch das (kurze) Surren des Motors hat uns sehr gefallen. Leider war dies jedoch nur von kurzer Dauer. Da das Schiff schon längere Zeit nicht mehr in Betrieb war, hat sich im Tank einiges Kondenswasser gebildet, welches nun den Weg in den Motor gefunden hat. Auch das sofortige Leeren des Wasserabscheiders mit anschliessendem Entlüften des Motors hat nichts genutzt. Er wollte einfach nicht…….. Im Nachhinein kann ich erwähnen, dass dies während all den Jahren, das einzige Mal war, dass der Motor gestreikt hat.

Zum Erstaunen des Verkäufers hat uns dieser Zwischenfall nicht daran gehindert, eine Woche später nach einer kalten aber sonnigen Testfahrt, das Schiff zu übernehmen. Unser neuer Bootsnachbar Ruedi meinte: “ Da hast Du aber viel Arbeit gekauft“….

Erste Fahrt mit der MS Sydney - 9.01.2005 Trotz des bevorstehenden Winters verbrachten wir jede freie Minute auf dem Schiff. Aus- und Einräumen, putzen, einrichten und einfach nur „sein“. Am 9.01.2005 war es dann soweit. Wir wollten nicht mehr länger warten. Der Motor, welcher dank der vorhandenen Kielkühlung nicht eingewintert war, startete ohne Probleme und wir liessen uns auch durch Charlys Warnung „Ihr seid aber ganz alleine auf dem Wasser – es kann niemand kommen und Euch helfen“ nicht davon abhalten, unsere erste Fahrt mit der MS Sydney zu machen. Nach rund 2 Stunden Fahrt bei eisiger Kälte sind wir wohlbehalten in den Hafen zurück gekehrt.

Dann verbrachten wir im Jahre 2005 unsere ersten zweiwöchigen Schiffsferien mit einer Tour in den Offendorfersee (Baggersee am Rhein) und lernten das Schiff und insbesondere das Schifferleben kennen. Wir genossen das „Faulenzen“ und das „Rumhängen“ und waren überzeugt, mit dem Kauf der MS Sydney das Richtige getan zu haben.

Da immer alle „Böötler“ von Holland und dessen Wasserstrassen schwärmten, war dies unser Ziel für 2006. Mit viel Glück konnten Astrid und ich 6 Wochen Sommerferien beziehen, welche wir für diese Route auch brauchten. Echt toll, nur die täglichen Probleme wie „wo gibt’s frisches Brot und Diesel“ zu kennen. Alles andere haben wir gelernt, abzuschalten…..

Infiziert durch das Virus haben wir für 2007 einen mehrmonatigen Törn nach Schweden geplant und auch gemacht. Gekoppelt mit einem Stellenwechsel habe ich eine Auszeit von 4½ Monaten genutzt und bin mit der MS Sydney von Basel bis nach Stockholm gefahren. Dies in Begleitung von Astrid, meinen Söhnen und Freunden. Jeweils in Etappen haben mich diese „Matrosen“ begleitet.

Da wir aber noch im arbeitspflichtigen Alter sind, war nun fertig mit dem „Schoggileben“. Ab da hiess es wieder 2 bis 3 Wochen Ferien maximal und durch meine Selbständigkeit, konnte ich mir meist noch 1 bis 2 Wochen zusätzlich herausnehmen. So fuhr ich einzelne Strecken alleine und Astrid begleitete mich meist auf dem Heimweg.

Die nächsten Jahre verbrachten wir mit verschiedenen Varianten der Sauerkrauttour. Einmal über Koblenz und retour über die Mosel, dann die Variante über Koblenz und retour über die Saar, dann die Variante über die Saar und retour über die Mosel. Und weil auch Astrid die Saar noch nie zu Gesicht bekam, war die letzte Tour ein Abstecher in den Neckar bis Heidelberg, dann über Koblenz und retour über die Saar.

In den Jahren, in welchen wir noch weniger Zeit auf dem Wasser verbringen konnten, genossen wir einfach nur das Faulenzen auf dem Schiff mit Kurztörns wie zum Beispiel 2009 Breisach – Strasbourg – Breisach – Colmar, 2010 Canal du Rhône au Rhin bis L’Isle-sur-le-Doubs und anschliessend auf Grund der Hitze Badeferien in Breisach, 2011 Breisach – Strasbourg – Breisach – Colmar.

Der Höhepunkt der letzten Jahre war aber sicherlich, dass 2014 auf der Sauerkrauttour das Schiffshebewerk „Arzviller“ ausgefallen ist. Wir genossen trotzdem oder gerade deswegen die täglichen kurzen Fahrten von Hafen zu Hafen und organisierten gleichzeitig den Verlad der MS Sydney. Dies waren wieder einmal Abenteuerferien mit einer echten Herausforderung. Nicht nur der Verlad des Bootes musste organisiert werden, nein, dies auch alles noch auf Französisch.

Dann aber im Januar 2015 kam alles anders, als wir es geplant hatten. Seit über 15 Jahren spazierten Astrid und ich immer wieder an einer Liegenschaft vorbei, welche uns auf Grund der tollen Gartenanlage speziell gut gefallen hat. „Das wär was für uns….“ sagten und/oder dachten wir jedesmal. Hier könnte man doch den einen oder anderen Traum verwirklichen. Träumte ich doch schon seit Jahren von einem Schleusenhaus mit Hühnern (Schleuseneier), Bienen (Schleusenhonig), Trauben (Schleusenwein) etc.. Aber alle meine Bemühungen mit dem VNF (Voies navigables de France) haben bis anhin nur das Mieten eines solchen Hauses in Aussicht gestellt.

Jetzt konnte dieses Haus in unserer Wohngemeinde plötzlich übernommen werden, da der alte Besitzer verstorben war. Und nun haben wir es. Unser Haus mit riesigem Garten und kleinem Wäldchen. Leider (bis anhin) ohne Schleuse und dem dazugehörenden Schiffsverkehr. Hühner im Schnee Huhn im WinterAuch Hühner haben wir bereits angeschafft und seither wissen wir auch, woher die Sprüche „dummes Huhn“ oder „blindes Huhn“ kommen. Den grossen Vorteil der Hühner gegenüber dem Schiff ist wahrlich, dass die Hühner nicht eingewintert werden müssen und täglich frische Eier liefern.

 

Fondue im Garten ohne SchleuseNach dem Erwerb und Umzug im Juli 2015 wollten wir unsere geplanten Schiffsferien trotzdem geniessen. Wir fuhren über Breisach, Strasbourg nach Saverne und mit dem Fahrrad nach Arzviller. Dann aber bereits wieder zurück nach Kembs und raschmöglichst nach Hause. Wollten wir doch das Haus samt Garten auch noch während der Ferien erleben. Wir waren also genau 8 Tage mit der Sydney unterwegs. Hier kam uns das erste Mal der Gedanke, das Schiff zu verkaufen.

Im Frühjahr 2016 freuten wir uns das Schiff endlich in Betrieb zu nehmen und nach der GV des Nautik Clubs das erste Mal der Saison auf dem Schiff zu übernachten. Es war noch recht kühl, aber wie immer sehr gemütlich und hat uns auch wieder sehr gefallen. Auch der kurz darauf bei schönstem Wetter gemachte Ausflug nach Mulhouse hat uns das Schiff nochmals so richtig geniessen lassen.

Die Ferien für 2016 waren geplant. 3 Wochen Sauerkrauttour wie gehabt, wobei ich die erste Woche alleine den Rhein runterfahren wollte. Das Wetter des diesjährigen Frühlings hat uns dann aber den Rest der Freude am „Böötlen“ endgültig genommen. Hochwasser, Sperrungen von Rhein und Kanälen, Kanalbrüche und einige wenige technische Probleme unserer Schifferkollegen haben uns sehr kurzfristig überzeugt, die diesjährigen Schiffsferien sausen zu lassen.

Jetzt war es soweit: Wir haben uns entschlossen, die Sydney zu verkaufen und uns unter anderem vermehrt dem Garten unserer neuen Bleibe zu widmen.

Nach nur kurzer Zeit haben sich 4 Kaufinteressenten gemeldet und das Schiff konnte bereits eine Woche nach der Besichtigung und Probefahrt an die neuen Besitzer übergeben werden. Das letzte Aufräumen des Schiffes weckte in mir doch einige Zweifel auf, ob diese Entscheidung wirklich richtig ist und auch einige Tränen mussten abgewischt werden. Es tat nach 12 Jahren echt weh, das Schiff abzugeben……

Astrid und ich genossen die Zeit auf der Sydney, die vielen tollen Eindrücke, welche wir auf all unseren Reisen gewinnen konnten und auch die vielen persönlichen Kontakte auf und neben dem Wasser waren für uns eine echte Bereicherung.

New Captains MS Sydney - 27.08.2016Wir wünschen den neuen Kapitänen der Sydney, Roli und Heinz, viel Glück, Freude und eine tolle Zeit mit dem Schiff.

Schiff Ahoi !!

 

 

 

Und wie immer: Für die eher technisch oder buchhalterisch Interessierten geben wir hier ein paar Eckdaten unserer Schifferzeit bekannt:

 

Standorte

Besuchte Häfen

Gemäss Übersicht

160 (teilweise mehrmals)

Besuchte Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Schweden und die Schweiz
passierte bewegliche Brücken 122 Stück
passierte Schleusen

passierte Hebewerke

1’365 Stück

1 (Arzviller – mehrmals)

Total gefahrene Kilometer 13’923 Kilometer
Total Motorenstunden 1’645 Stunden
Total verbrauchter Diesel ca. 6’000 Liter

 

Wir haben geplant, dass wir die nächsten Jahre Boote chartern werden und somit uns noch unbekannte Gebiete kennenlernen. Die ersten Versuche haben wir mit dem SSK-CSE bereits in Schottland mit den bekannten Narrowboats, in Polen auf den Masuren und in der Bretagne gemacht.

2 Antworten zu "Alles hat ein Ende……."

  1. Manfred Gautschi sagt:

    Liebe Astrid, lieber Andrej
    …es ist immer wieder gut festen Boden unter den Füssen zu haben!
    Von Herzen alles Gute
    Manfred

  2. Raffaele Merminod sagt:

    Alles ist Vergänglich.
    Ihr habt schöne Erinnerungen und nun die Zeit für einen neuen Lebensabschnitt

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